60 Zu zweit durch Uruguay und Brasilien nach Misiones

Viele Wege führen zu den Wasserfällen von Iguazu im nördlichen Zipfel von Argentinien, der Provinz Misiones. Wir entscheiden uns für den entlang der Küste Uruguays und durch den Süden Brasiliens, weil dieser laut Klimakarte etwas weniger heiß sein soll als der direkte Weg durch Argentinien. Mit der total ausgebuchten Fähre verlassen wir Buenos Aires am Freitagmittag und landen bei sengender Hitze im schönen, kleinen Sacramento de Colonia – ein koloniales Dörfchen mit flacher Bebauung, in dem zu dieser Stunde Totenstille herrscht. Ein kurzer Gang durchs Örtchen und ein Besuch in der Eisdiele, dann fahren wir auf der eintönigen Hauptstraße 1 in Richtung Montevideo. Auf halber Strecke hat Ariane eine Pferdefarm ausfindig gemacht, wo wir den Abend und die Nacht verbringen wollen.

Promenade von Sacramento de Colonia am Rio Uruguay
Schöne, flache Kolonialbauten prägen das Bild von Sacramento de Colonia.

Schwer zu finden und dann weiträumig abgezäunt, heißt uns die Farm am Eingangstor nicht einzutreten, ohne zuvor anzurufen, da man ansonsten von einer bissigen Bestie verspeist würde! Da wir keine SIM-Karte für Uruguay besitzen, fahren wir todesmutig in die Farm, wo uns am nächsten Tor Miguel mit der „Bestie“, einem handzahmen und etwas dösig wirkenden Boxer, begrüßt. Gleich entsteht eine sehr persönliche und angenehme Atmosphäre. Binnen Sekunden wissen wir, dass er mal für 4 Jahre in Tübingen gewohnt hat und sein 29-jähriger Sohn auch in Berlin lebt. Wir bekommen ein nettes Zimmer im Flachbau mit dem Laubengang, den man auf dem Photo nur schwer erkennt (hinter der Holzterasse).

Anschließend gibt es eine ausführliche Empfehlung für lohnende Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke durch Uruguay, die alle auf einem Zettel dokumentiert werden. Da kennt und liebt jemand sein Land! Wir sind noch nicht lange auf der Farm, da kommt auch schon das Gewitter, das die ersehnte Abkühlung bringt. Diese Hitze ist hier nicht üblich und wird natürlich dem Klimawandel zugeschrieben. Am Abend werden wir von Miguels Frau Monica lecker bekocht, während es draußen stürmt und hagelt – das ist ein sehr wohliges Gefühl! Die halbe Nacht regnet es durch, doch der Morgen begrüßt uns wieder mit Sonne, nur diesmal bei sehr erträglichen Temperaturen.

Die Farm „El Galope“, wo wir bei Monica und Miguel sehr nett für eine Nacht absteigen.

Das bleibt bis Montevideo so, wo wir einer Empfehlung Miguels folgend sehr schön am Meer zu mittag essen. Genau genommen ist es noch nicht der Atlantik hier, sondern der Rio de la Plata. Erst östlich von Punta del Este beginnt definitionsgemäß das Meer, so Miguel. Montevideo ist ansonsten trotz des klangvollen Namens eine eher langweilige Stadt und insbesondere um den Hafen herum sehr hässlich! Ich bin im Nachhinein noch froh, nicht mit dem Containerschiff hier angekommen zu sein, wie es der erste Plan vorsah! Erstaunlich sind in Uruguay die Preise. Trotz eines Normalgehaltes von nur 500-600 US$ im Monat, liegen die Preise für Lebensmittel, Sprit, Restaurants und Hotels deutlich über dem Niveau zuhause!

Blick über die Bucht von Montevideo auf die Hauptstadt

So richtig teuer wird es dann in Punta del Este, dem Ort wo die Reichen und Schönen aus Uruguay, Argentinien und Brasilien ihre Häuser haben und Ferien verbringen. Genau dort trifft uns aber das Tagesende, und so bleibt uns nichts anderes, als hier in diesem Monaco Uruguays ein Hotel zu nehmen, was gar nicht so einfach ist, denn es ist fast alles ausgebucht! Für schlappe 160.-US$ gibt es schließlich ein mäßiges Zimmer, das aber immerhin nahe zum Strand gelegen ist. Dort erleben wir einen unglaublichen Sunset! Ins Wasser möchte man hingegen nicht gehen, denn das ist erstaunlich kalt – brrrrr!

Der Strand ist dann auch wirklich das schönste, was Punta del Este zu bieten hat. Der Sand ist super fein und fast weiß. Über viele Kilometer erstreckt er sich entlang der Hochhäuser, die so auch am Mittelmeer in den Touristenhochburgen stehen könnten. Uns gefällt der Ort nicht, das ändert sich auch nicht am Abend beim Durchstreifen der Restaurantmeile!

Bilderbuchmäßig: Der Sonnenuntergang am Strand von Punta del Este!

Am Sonntagmorgen nutzen wir die Morgenkühle und verzichten zugunsten eines frühen Starts auf das Frühstück. Wir steuern geradewegs nordwärts auf die brasilianische Grenze zu. Beim Frühstück in einem netten Straßenrestaurant bekommen wir die Erklärung für die vielen Motorräder, die uns begegnen. Nahe der brasilianischen Grenze geht nämlich heute ein dreitägiges, großes Mopedtreffen zu Ende. So kommen wir die nächsten 2 Stunden nicht mehr aus dem Grüßen von Mopedfahrerr heraus!

Wir hatten keine so rechte Vorstellung von der Landschaft in Uruguay und sind daher sehr angenehm überrascht über die hügelige und sehr ansprechende Topographie durch die uns unser Weg führt. Trockene Steppe wird von Waldflächen und Seen unterbrochen und gibt dem Auge ständig neue Eindrücke. Auch die olfaktorische Wahrnehmung wird angesprochen und erinnert uns an die korsische Macchia. So genießen wir die Fahrt in den Morgenstunden, doch gegen Mittag wird es unerträglich heiß, als wir vor 14 Uhr die Grenze erreichen.

Hügelige Steppenlandschaft mit Duft nach Macchia – so sieht Uruguay im Norden aus!

Auf der Seite Uruguays läuft bei der Migración alles problemlos, auch wenn es niemanden von der Aduana gibt, der uns das Zollpapier für das Moped abnehmen will. Schwieriger wird es dann auf brasilianischer Seite. Nachdem die Pässe von einem sehr, sehr, sehr langsamen Grenzpolizisten gestempelt sind, will ich das Moped im Büro der Aduana temporär importieren. Hätte ich mal nicht gefragt! Denn man hätte uns auch so ins Land gelassen. So aber erscheint nach etwas Sucherei ein Zöllner, der erklärt, dass seine Kompetenz für den Importprozess eines Mopeds nicht ausreiche und der einzig kompetente Kollege heute nicht mehr anwesend sei. Ich möge doch über Uruguay nach Iguazu fahren, oder hier übernachten und morgen wieder kommen. AUF GAR KEINEN FALL! Ich schildere die Dringlichkeit, Ariane rechtzeitig zum Flughafen bringen zu müssen, und plötzlich findet sich doch ein Weg, uns noch heute abzufertigen.

Grenzposten von Uruguay

Das braucht am Ende zwar gute drei Stunden, doch freundlich wie sie sind, versucht man uns die lange Wartezeit so angenehm wie möglich zu machen. Ariane wird in ein kleines Hinterzimmer gebeten, wo ein Liegesessel und ein Klimagerät vorhanden sind – wirklich sehr nett! Um 17 Uhr wird mir dann das ersehnte Zollpapier in die Hand gedrückt, das – wie sich 2 Tage später erweisen soll – bei der Ausreise gar keiner mehr sehen will! Egal! Wir sind in Brasilien und schaffen vor Sonnenuntergang gerade noch die 130 Kilometer bis Dom Pedrito, einer Kleinstadt, die zuerst nicht sehr einladend aussieht, sich aber im Laufe des Abends als ganz sympathisch und unterhaltsam erweist.

An der Plaza de Armas wird nämlich gefeiert. Der ganze Ort sitzt hier auf Klappstühlen versammelt und genießt bei guter Live-Musik die unvermeidliche Mate und das Essen aus den unzähligen Imbisswagen, die rund um die Plaza verteilt stehen – so auch wir! Es wird ein toller Abend unter brasiliansichem Sternenhimmel. Apropos Mate: Das ist hier überall in diesen Breiten – ganz egal, ob in Argentinien, Uruguay oder Brasilien – ein sehr auffälliges Phänomen! Alle Welt läuft mit ihren Matebechern und einer Thermoskanne mit heißem Wasseer herum. Die Tassen sind randvoll mit den Matekräutern gefüllt. Diese werden den ganzen Tag über wieder und wieder mit heißem Wasser aufgefüllt und über ein Metallrohr geleert. Im Tagesverlauf werden die Aufgüsse kontinuierlich sanfter, und am Abend geht die anregende in eine beruhigende Wirkung über – rechtzeitig zum Schlafengehen! Wie gesagt, dieses Bild ist allgegenwärtig! Man trinkt Mate und nur wenig Alkohol!

Die Bewohner von Dom Perdito sitzen auf ihren Klappstühlen auf der Plaza de Armas und genießen ihre Mate bei Livemusik!
Spielen den ganzen Abend ohne Pause tolle Rockmusik – besonderer Kracher: „Another brick in the wall“!
Auch in Brasilien gilt: Das Moped muss sicher untergestellt werden – gerne auch in der Hotellobby!

Der Montag beginnt schon in der Früh mit 27 Grad und lässt auf der Weiterfahrt zur argentinischen Grenze die Pausenintervalle deutlich schrumpfen. Die Strecke in Brasilien ähnelt der in Uruguay, nur dass es weniger hügelig ist. Dazu erscheint es hier ein wenig grüner. Die Flüsse sind aber bemerkenswert trocken und gefallen mit den bunt gefärbten Flusbetten.

In Brasilien offenbaren halbtrockene Flüsse ihr buntes Bett!

Als es mal wieder Zeit für eine Pause ist, taucht genau zur richtigen Zeit ein sehr ansprechendes Restaurant am Wegesrand auf, in dem gerade die Deckel der Töpfe auf dem Holzfeuerofen gelupft werden, als wir eintreten. Uns läuft’s Wasser im Mund zusammen beim Anblick der ganzen Köstlichkeiten, die von einer super freundlichen Mama zubereitet werden. Wir verständigen uns mit Händen und Füßen, denn unser Spanisch bringt uns hier nicht weiter. Für einen lächerlichen Preis werden wir schließlich mit den tollsten Speisen versorgt bis wir nicht mehr können! Ein Restaurantbesuch, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird!

So ziemlich die beste kulinarische Erfahrung auf unserer gemeinsamen Reise: Straßenrestaurant bei Jaguari in Brasilien!

Nach weiteren drei Stunden ist mit der Überquerung des Rio Uruguay endlich die argentinische Grenze erreicht. Wir sind bereits „well done“ gegrillt. Das Thermometer kratzt knapp an der 40-Grad-Marke! Der Grenzübergang verläuft easy und schnell. Das so mühsam erstandene Zollpapier für das Moped will hier niemand sehen! Hätte ich blos mal nicht gefragt, es wäre uns gestern viel Warterei erspart geblieben!

Jetzt heißt es nur noch, auf kürzestem Wege in ein Hotel zu fahren, das nur zwei Bedingungen zu erfüllen hat: erstens einen Pool, zweitens ein klimatisiertes Zimmer. Beides finden wir im Hotel Colonial San José. Nachdem wir dort eine Weile abgekühlt sind und ausgeruht haben, fahren wir zum Badestrand von Santo Tome am Rio Uruguay, wo sich die Einheimischen von der Hitze erholen. Es ist ein schöner Ort an diesem riesigen, ruhig dahin fließenden Strom, an dessen anderen Ufer portugisisch gesprochen wird.

Der Rio Uruguay bildet die Grenze zwischen Brasilien und Argentinien bei Sāo Borja.
Grenzstation von Brasilien nach Argentinien zwischen den Orten Sāo Borja und Santo Tome
Am Badestrand des Rio Uruguay in Santo Tome ….
…. suchen die Einheimischen Abkühlung bei der sengenden Hitze!
An der Promenade über dem Rio Uruguay

Wir beschließen den Abend mit einem schicken Abendessen auf der Avenida San Martin, wo wir uns beim Gastwirt über die Strecke zum Nationalpark Estera Iberá erkundigen, die wir morgen unter die Räder nehmen wollen. Man warnt uns zwar vor möglichen Schwierigkeiten auf der 125 km langen Piste nach den letzten Regenfällen, empfiehlt uns aber dennoch den Ausflug, weil es so schön sei und der letzte Regen schon lange zurück liege.

Wir werden es morgen probiern, und was daraus wird, beschreibt der nächste Blog!

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