36 Familienbesuch in Bogota

Mit der Inspektion des Mopeds ist die Pflicht in Bogota zu meiner großen Zufriedenheit erfüllt. Was jetzt kommt ist quasi die Kür und stellt für mich nach dreieinhalb Monaten die erste Ruhephase dieser Reise dar. Ich freue mich schon sehr darauf, die Familie und Freunde von Mauricio zu treffen und mit ihnen Zeit zu verbringen. Schon am Donnerstag, gleich nach meiner Rückkehr von der KTM-Werkstatt, lädt Mauricio seine Schul- und Studienfreunde – dazu gehört auch sein Bruder Ernesto (im Bild am Ende des Tisches) – und meine Reisegfährten zu einem Paella-Abend ein. Leider muss Dave absagen, weil er sich nicht gut fühlt. Es wird ein sehr lustiger Abend mit interessanten Gesprächen und tollem Essen, dazu guter Wein!

Paella-Runde mit Mauricio, seinen Schul- und Studienfreunden, Ernesto und Steve.

Am Freitag komme ich seit langer Zeit mal wieder zum Laufen. Das ist auf 2.600m Höhe etwas komplett anderes als im flachen Berlin! In Mauricios Stadtviertel gibt es einige Parks, die sich dazu anbieten. Es macht Spaß, sich in der Fremde einfach unter das Volk zu mischen und sich von einer ganz ungewohnten Stimmung treiben zu lassen. Insgesamt viermal werde ich während meiner Zeit in Bogota die Joggingschuhe anziehen und dabei jedesmal etwas weiter laufen, ohne mich von den vielen deutlich schnelleren Läufern frustrieren zu lassen.

Die große Familienzusammenkunft gibt es am Samstag. Leonor, Mauricios Mutter, lädt zu einem fulminanten Essen. Dort treffe ich nach Jahren wieder diverse Cousins, Cousinen und Tanten von Ariane. Mit meinem mittelmäßigen Spanisch schlage ich mich so einigermaßen durch die Gespräche und genieße die Herzlichkeit und Freude dieser Familie. Am Abend spüre ich, wie sehr die Unterhaltung in einer Sprache, die ich eher selten praktiziere, anstrengt.

Mit Steve und Dave, die am Sonntag ihren letzten Tag in Bogota verbringen, bevor sie gen Medellin weiterziehen, unternehmen wir einen Ausflug ins 45 Kilometer entfernte Zipaquirá. Das ist eine kleine im Kolonialstil erbaute Stadt, die mit einer besonderen Sehenswürdigkeit aufwartet: Eine unterirdische Kathedrale, die in die Stollen eines ausgebeuteten Salzberkwerks gehauen wurde. Nachdem man über 12 Stollen Jesus‘ Kreuzweg nachvollzogen hat, trifft man 50 Meter unter der Erde auf das Hauptschiff, in dem noch immer Messen gehalten werden. Es ist ein imposantes Bauwerk und eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten im Land. Allein der Weg dorthin ist an einem veregneten Sonntag eine Odyssee, die etwa zwei Stunden dauert. Die Rückfahrt ist kein Stück besser. Auf Straßen, die zum Teil Knietief unter Wasser stehen, läuft der Verkehr im Schneckentempo! Doch vor der Rückfahrt lassen wir uns noch ein wenig durch die Gassen der Kolonialstadt Zipaquirá treiben und erfreuen uns an einem typischen Abendessen an der Plaza de Independiencia.

La Catedral de Sal – das Hauptschiff der Kathedrale, ca. 50 m unter der Erde.
Buntes Treiben in den Gassen von Zipaquirá. Man fühlt sich in die Kolonialzeit zurückversetzt!
Die Plaza de Independiencia in Zipaquirá.
Abschied von Steve und Dave beim Abendessen in Zipaquirá. Für mich für ca. 2-3 Wochen für Mauricio wohl für immer!

Es folgen entspannte Tage mit Jogging, Essensbesuchen bei Leonor, Einkäufen in der Stadt und Erledigung von Nebenaktivitäten, wie Wäsche waschen, Kleidung reparieren, Karten studieren und Internetrecherchen für die Weiterreise. Am Mittwoch besuchen wir mit Humberto, einem Studienfreund von Mauricio, der auch schon zum Paellaessen da war, Monserate, einen knapp 3.200m hohen Berg am Stadtrand, zu dem sowohl eine Zahnrad- als auch eine Seilbahn hinauf führen. Dort oben steht eine große Kirche und man genießt eine erstklassige Aussicht auf die riesige Metropole Bogota, die sich von Nord nach Süd über ca. 50 Kilometer erstreckt – ein beeindruckendes Bild!

Hinauf zum Monserate fahren wir mit der Zahnradbahn ….
…. hinab geht’s mit der Seilbahn ….
…. dazwischen genießen wir die Aussicht über die 8-Millionen-Metropole Bogota!
Herangezoomt: Die Plaza de Bolivar stellt das Zentrum Bogotas dar. Daneben liegen Regierungsviertel der Stadt und des Landes.

Am Abend sehe ich Humberto wieder. Dazu gesellt sich auch noch Caesar, ein weiterer Studienfreund. Mauricio lädt ins Leo ein, einem Restaurant, das in der San Pellegrino List der 50 besten Restaurants der Welt den 48. Platz belegt. Was uns dort erwartet, sprengt tatsächlich den Rahmen des bislang erlebten Restaurantspektrums. Ein einziges Festival für sämtliche Sinne mit Ausnahme des Hörens. Der kulinarische Genuß sei einmal vorausgesetzt, aber allein die Präsentation des Essens auf herrlichem handgetöpfertem Geschirr und auf wunderschönen Steinen lässt einen mit großer Ehrfurcht an das Essen heran gehen. Dazu die sehr ausgedehnten Erklärungen zu jedem der acht Gänge! Es mag nicht so richtig zum doch eher einfachen Reisestil passen, aber ich genieße jede Sekunde dieses tollen Abends mit Mauricio, Humberto und Caesar, die sehr unterhaltsam und witzig sind!

Von li. n. re.: Humberto, Mauricio und Caesar bei der zweiten Vorspeise im Leo

Nach dem fünften Gang war leider die Kapazität des Kameraakkus erschöpft, somit müsst Ihr Euch den Rest einfach vorstellen! Jetzt, am Freitagnachmittag, sitze ich in meinem schönen Zimmer in Mauricios Wohnung und bereite für morgen meine Abfahrt aus Bogota vor. Nach 10 Tagen fällt mir der Abschied sehr schwer. Zu schön war die lange Zeit, in der ich eine unglaubliche tolle Gastfreundschaft erfahren habe und mich von den langen Stunden auf dem Motorrad erholt habe. Die viele Zeit mit Mauricio, ein toller Gastgeber und ebenso guter Gesprächspartner, war ein besonderes Geschenk! Irgendwie bin ich in dem Viertel von Mauricio schon heimisch geworden. Hier liegt für ihn alles ganz nah zusammen, sodass ihm das nervige Autofahren in dieser Stadt erspart bleibt. Das Photo unten habe ich von seinem künftigen Büro aufgenommen. Das dunkelbraune Gebäude in der Mitte am linken Rand ist das Haus, in dem ich seit 10 Tagen wohne, Leonor wohnt gleich links unten, etwa 50 m außerhalb des Bildes, und der Bruder Ernesto nur 100 m weiter. Im Hintergrund die Berge, die Bogota im Osten begrenzen.

Das Wohnviertel von Mauricio und seiner Familie im Nordosten von Bogota

Morgen verlasse ich Bogota in west-südwestlicher Richtung nach Armenia. Dort im Parque del Café werde ich mit Salento und Filandia zwei der schönsten Orte in der Kaffeeanbauregion anschauen. Vielleicht kreuzt sich dort sogar mein Weg mit dem von Steve und Dave. Am Montag steht dann der nächste Besuch in Cali an, wo der andere Teil der Familie Sarria wohnt. Ich werde bei Arianes Cousine Virgina und ihrem Mann Fernando wohnen. Leider ist das Wetter derzeit recht schlecht in Kolumbien, und ich werde wohl mit viel Regen rechnen müssen.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s