Von der Kälte in die tropische Hitze, vom Quezal zum US-Dollar, vom Acker zu guten Straßen oder von der einen Armut in die andere – all das beschreibt ganz gut unseren Länderwechsel von Guatemala nach El Salvador. Wir verlassen unsere Luxusherberge in Cuilapa, werden dabei vom stolzen Truthahn verabschiedet, der hier wie ein Hund an der Leine gehalten wird, und nehmen die verbleibenden 60 km zur Grenze nach El Salvador unter die Räder.

Wir investieren unsere letzten Quezales in Benzin und kalte Getränke und finden den Grenzposten von Guatemala in einem großen Gebäude mit überdachter Vorfahrt. Das schattenspendende Dach ist sehr willkommen, denn das Thermometer zeigt muckelige 33 Grad, und es ist total schwül. Schnell werden unsere Pässe gestempelt, doch dann beginnt die aufwendige Prozedur der Mopedausfuhr. Ein sehr freundlicher Zollbeamter organisiert für uns je zwei Kopien von Pass, Fahrzeugschein, Führerschein und der guatemaltekischen Einfuhrbescheinigung. Das dauert schon mal eine halbe Stunde. Dann werden die Mopeds inspiziert und die Nummern mit den Papieren abgeglichen, anschließend werden im Büro Datenbanken gefüttert und Ausfuhrpapiere erstellt. Danach dürfen wir weiter zum Grenzposten von El Salvador fahren. Diesen finden wir hinter einer Brücke in Form einer kleinen Hütte mit einem kleinen Zeltdach davor, unter dem man wenigstens beschattet warten darf.

Hier wiederholt sich das schon allzu bekannte Prozedere des Nummernvergleiches an den Fahrzeugen. Wir geben unsere Pässe ab und erhalten diese kaum 30 Minuten später gestempelt zurück. Dann werden wir zu einem Gebäude, etwa 100 m entfernt, eskortiert. Dort erstellt man Einfuhrpapier für die Mopeds und versieht diese mit einem schicken Aufleber. Als das erledigt ist, müssen wir uns nur noch vor ein Infrarot-Thermometer stellen – ich befürchte, dass ich die Anzeige sprengen werde, so heiß wie mir ist! Erstaunlicherweise zeigt dieses nur 36,2 Grad; bin offensichtlich doch ein cooler Typ!
Jetzt dürfen wir weiterfahren. Meine amerikanischen Freunde entledigen sich wieder ihrer Mopedjacken während ich so „mutig“ bin, den Rückenprotektor zu entfernen. Es ist wirklich brüllend heiß, und die Soße läuft mir den Rücken hinab! Schon ab dem ersten Meter fällt auf, wie anders es in El Salvador aussieht. Die Straßen sind in erstklassigem Zustand, die Busse stinken nicht ganz so sehr – aber immer noch – und die Grundstücke am Wegesrand wirken gepflegter.

Das lange Warten an der Grenze – es waren mal wieder die obligatorischen drei Stunden – hat uns hungrig gemacht. So halten wir im ersten Ort an einem Straßenrestaurant an, wo man uns aus einigen Kochtöpfen unser Essen zusammenstellen lässt. Es gibt Hühnchen mit Zuccini, Reis und sehr stark gewürztem Paprikagemüse – sehr lecker! Dazu wird ein Getränk gereicht, das auf Kuhmilch basiert und mit Zutaten wie Zwiebel, Tomaten, etc. zu einem zwar schmackhaften, aber optisch sehr zweifelhaften Gebräu gemixt wird. Ich genieße es, zweifelnd ob es mir gut bekommen wird. Es wird!


Die ganze Familie ist involviert, um es uns hier gut gehen zu lassen. Die Frauen sind sehr freundlich und kommunikativ. Man will genau wissen, was unsere Mission ist. Der kleine Sohn mit dem großen Namen „Cesare“ darf zum Abschied auf unseren Mopeds sitzen. Anschließend wird noch die Kinderschar aus der gesamten Nachbarschaft zu einer Sitzprobe herbeigerufen.

Die schwarzen Wolken lassen bei Aufbruch aus dem Restaurant nicht viel gutes erahnen, und so finden wir uns auch nur einige Minuten später unter dem Blechdach eines verlassenen Straßenverkaufstandes wieder, wo wir den Regen abwarten. Es ist schon sehr beeindruckend, welche Wassermassen hier vom Himmel kommen, wenn es erst einmal losgeht. Schnell gesellt sich ein weiterer Schutzsuchender zu uns, schüttelt wie selbstverständlich unsere Hände und beginnt das übliche Gespräch über das Woher und Wohin. Ja, die Menschen sind hier sehr kontaktfreudig!
Wie immer ist auch dieses Intermezzo nach kurzer Zeit vorbei, und wir bewegen uns weiter in Richtung Küste. Dabei passieren wir mit Sonsonate noch eine größere Stadt, die uns zeigt, wie Rush Hour in El Salvador funktioniert, nämlich gar nicht bis höchst chaotisch! Ab El Zonte, so sagt mein Reiseführer, sollen die Strände wunderschöne Surferparadiese sein. Wir nehmen also den ersten Abzweig zum Playa de El Zonte und sind erschrocken über vermüllte und slumartige Wege zum Strand, wo kaum was auf schöne Strände hindeutet. Es war wohl noch zu früh, denn nur 6 KM weiter bei El Tunco finden wir was wir suchen: ein nettes kleines Hostal am Strand, in dem wir zwei Nächte buchen, um morgen einen relaxten Ruhetag einlegen zu können. Ein idyllisches Plätzchen, dass einem deutsch-spanischen Mann gehört, der von hier online für die amerikanische Regierung arbeitet. Er ist halb hier und halb in Texas aufgewachsen und lebt hier mit seiner russischen Frau.


Zum Glück sind die Zimmer klimatisiert, so falle ich nach einem kurzen Strandspaziergang in der Dämmerung selbst in eine solche und verpasse dabei das Abendessen zu dem Steve und Dave bereits aufgebrochen sind. Damit bleibt mir aber das Gewitter erspart, dass sich ab 18 Uhr über bestimmt 4 Stunden über uns ergießt. Soviel Wasser habe ich nur einmal 1986 auf den Maledieven vom Himmel stürzen sehen, in Kaskaden fließt das Nass vom Dach. Es gibt nur weniges, was mir ein so heimeliges Gefühl erzeugt, wie das Erleben eines Starkregens mit Blitz und Donner aus einem trockenen Shelter, sei es ein Zelt, oder eine Behausung wie diese!
Irgendjemand war so nett, unsere Mopeds zuvor noch mit Planen abzudecken. Steve und Dave kommen später arg nass vom Abendessen zurück. Diese Nacht schlafe ich so gut wie lange nicht mehr.


Der heutige Freitag ist der erste Tag ohne Plan seit langer Zeit, wenn man mal von der Krankenstation in Guanajuato absieht. Entsprechend relaxed starten wir in den Tag. Unser Hotel bietet, was hier sehr unüblich ist, sogar Frühstück! Wir tragen einen riesigen Berg Wäsche zusammen, u.a. unsere ganzen Mopedanzüge, und bekommen diese am Nachmittag sauber zurück – was für ein Service!
Gegen Mittag wagen wir uns in den Pazifik. Von Wagnis zu sprechen ist hier gar nicht mal übertrieben. Die Wellen sind so hoch, dass es einen immer wieder von den Beinen reißt. Außerdem bewegt das Wasser die riesigen Kieselsteine, die es leicht auf 5-10 Kilo je Stein bringen, wie Sandkörner durch die Brandung. Da will man einem solchen „Sandkorn“ nicht im Wege stehen! Auf jeden Fall ist es ein großes Badevergnügen.




Was wir am heutigen Ruhetag noch schaffen ist die Reservierung unseres Fluges über den Darien Gap! Ich telefoniere lange mit der Agentin, Veronica, von Cargorider in Bogota mit dem Ergebnis, dass die Mopeds am Dienstag, den 1. November von Panama City nach Bogota geflogen werden sollen. Dazu müssen wir diese tagszuvor am Montag bis 08:30 Uhr in das Lager von Cargorider zur Verpackung anliefern. Dabei wird diese wohl recht simpel ausfallen. Die Mopeds stehen mit Gurten in die Federn gezogen samt Gepäck – quasi reisefertig -auf einer großen Palette , werden von dünnen Spanplatten umstellt und das ganze wird in Schrumpffolie eingewickelt. Wir selbst werden ebenso am Dienstag nach Bogota fliegen, dort in Flughafennähe in einem Hotel übernachten und dann am Mittwochmorgen von Cargorider abgeholt, um mit ihnen gemeinsam die Auslösung aus dem Zoll zu bewerkstelligen. Das soll in Bogota ein ziemliches Behördenmonster sein – mal sehen!
Morgen werden wir erstmal nach Honduras fahren. Diese Grenze bleibt uns leider nicht erspart, denn wir müssen ein kurzes Stück – schätze 100 bis 150 KM – dadurch fahren, bevor wir nach Nicaragua einreisen werden. Von dieser Grenze gibt es Horrormeldungen. Dort wird man wohl arg auseinander genommen. Insbesondere Videogeräte und Drohnen sind, so heißt es, nicht gerne gesehen! Letzteres haben wir nicht dabei, aber Steve und Dave sind ausschließlich mit GoPros unterwegs.
In Costa Rica werden wir den Puffer, den wir für unsere Ankunft in Panama City am Sonntag haben, verbrauchen und noch den einen oder anderen Strandtag einlegen. So der Plan! Mal schauen, was die Realität daraus macht?