25 Estamos en Mexico!

Jetzt bewegt sich die Reise aus der Komfortzone heraus, denn wir sind dort angekommen, wo es nach meines Freunds Dirk Oma – Gott habe sie seelig – „immer so krosig ist“. Das war 1990 ihr Kommentar in schönstem Wuppertaler Platt, als wir uns auf nach Algerien gemacht haben: „Wat fahrt ihr auch immer dahin, wo et so krosig ist!“ Mexiko erinnert mich in vielerlei Hinsicht an den Maghreb im Norden Afrikas.

Der Weg von Los Angeles, wo wir am Mittwochmorgen von Brittany und Philip aufbrechen, führt uns 260 Kilometer über stark frequentierte Interstates an San Diego vorbei entlang der Pazifikküste, an der so klangvolle Strandnamen wie Sacramento, Capistrano und Long Beach auf den Wegweisern erscheinen. Wir entscheiden uns für den etwas östlicher gelegenen, kleinen Grenzübergang Tecate, um nicht mit den Massen einreisen zu müssen. So verbringen wir die letzten Meter auf amerianischem Boden auf einer einsamen, kurvigen Straße entlang der Grenze. Der Übergang Tecate ist vollständig auf amerikanische Touristen eingestellt, die die Halbinsel Baja de California besuchen. Dafür gelten vereinfachte Einreisebestimmungen. Auch wir werden einfach am Grenzübergang durchgewunken, ohne auch nur einen Pass, geschweige denn irgendwelche Fahrzeugpapiere gezeigt zu haben. Das kann einfach nicht richtig sein, denke ich mir und stelle mir die Schwierigkeiten vor, die wir bei der Ausreise nach Guatemala haben werden, wenn wir keinerlei Einreiseformalitäten nachweisen können. Also frage ich ausdrücklich einen Grenzbeamten, ob wir für den Transit nach Guatemala nicht formal einreisen müssen. Dieser bestätigt mir das und schickt uns zur „Immigración“. Dort gibt es Formulare und Stempel ohne Ende; so fühle ich mich wohl! Zuerst werden die Pässe gestempelt und dann eine Einreisekarte ausgefüllt, die es nicht zu verlieren gilt. Danach werden die Mopeds temporär importiert und mit einer Kaution belegt, die es nur bei Ausfuhr der Fahrzeuge innerhalb von 6 Monaten zurück gibt. Nach gut einer halben Stunde sind alle Formalitäten erledigt und wir ganz legal im Lande.

Die mexikanische Grenzstation in Tecate

Direkt hinter dem Tor der Grenzstation betreten wir Tecate, eine sehr belebte Stadt mit unzähligen Geschäften, Restaurants, Bars und Spelunken. Zuerst ziehen wir uns an einem Geldautomaten Pesos, die wir anschließend in einem Restaurant einsetzen: Ensaladita Tropicana – sehr lecker! Danach bleiben uns noch gut drei Stunden bei Tageslicht, um etwas Strecke auf mexikanischem Boden gutzumachen. Dabei entfernen wir uns kaum mehr als 2-3 Kilometer von der amerikanischen Grenze, die uns etwa 400 Kilometer begleiten wird. Nach einer Stunde wird die Landschaft ganz plötzlich aufregend schön. Wir fahren in ein Gebirge, wie ich es noch nie gesehen habe. Es gehört zur Sierra Madre Occidental und besteht aus riesigen rundgeschliffenen Felsbrocken, die in loser Schüttung herumliegen, als hätte ein Riese mit Bauklötzen gespielt. Eine echt beeindruckende Kulisse, die sich uns hier bietet. Besonders ist auch die Abfahrt aus diesen Bergen in eine Tiefebene. In engen Kurven windet sich die Straße zu Tale, wobei es schnell wärmer wird. Unten angekommen sind es 38 Grad – puh!

Etwas irritiert nehme ich zur Linken aus dem Gebirge kommend eine lange braune Linie war und brauche einen Moment, um mir darüber klar zu werden, was ich da gerade sehe. Na klar, das ist Trumps Mauer! Sie wird uns noch hunderte Kilometer begleiten! Was für ein Wahnsinn! Das hätte sich Walter Ulbricht auch nicht träumen lassen, dass er mal Vorbild für einen amerikanischen Präsidenten im 21. Jahrhundert werden würde. Auch wenn die Wirkrichtung dieser Mauer – eigentlich ist es ein Zaun – andersrum ist, so erinnert sie doch sehr an die Berliner Mauer. Sie erinnert mich aber auch an den riesigen Zaun, den die Chinesen 10 Kilometer vor ihrer Grenze auf tadjikischem Boden errichtet haben, dem ich 2018 über hunderte Kilometer entlang fahren durfte. Abschottung – ein neuer Zeitgeist?

Auf großen Straßen fahren wir bis San Louis, wo wir gerade in der Dämmerung ankommen und symbolträchtig im „Hotel California“ absteigen. Es ist in der Tat nicht mehr als eine Absteige, doch irgendwie auch mit Charme. Anders als im Song von den Eagles gibt es in diesem Hotel California nicht nur einen Eingang, sondern wir kommen am nächsten Morgen auch ungehindert wieder hinaus! Direkt gegenüber finden wir gutes Abendessen.

Als hätte ein Riese mit Felsbrocken Lego gespielt – Die Sierra Madre Occidental
Unsere erste Übernachtung in Mexico Hotel California anders als im Song mit Eingang und Ausgang
Hotel California – vom Zimmer zum Moped

Um noch möglichst lange von den weniger heißen Morgenstunden zu profitieren, brechen wir um acht Uhr aus San Louis auf. Für die kommende Strecke ist ein gutes Durchhaltevermögen gefragt. Es geht nämlich einige hundert Kilometer durch die Altar Wüste. Das ist wenig anregend und mit zunehmender Hitze auch sehr ermüdend. Rechter Hand wechseln sich karge Büsche mit Sanddünen ab, und zur Linken begleitet uns stets der Grenzzaun vom „Greatest President ever“. Eigentlich war dieser mal doppelt geplant, was er nur über eine kurze Strecke ist. Meistens verläuft er einfach und ist dabei häufig unterbrochen, da das Bauwerk nicht vollendet wurde. So wird das Ding wohl Jahrhunderte ohne Sinn und Zweck vor sich hin rotten. Man fragt sich ohnehin, was der Zaun bewirken sollte. Derjenige, der dadurch wollte, müsste dahinter erstmal eine Strecke von über 100 Kilometer durch die Wüste laufen, bis er in Amerika auf eine Straße stoßen würde. Wer schafft das denn?

Lange Fahrt durch die Altar Wüste ….
…. Sanddünen zur Rechten ….
…. und Trumps Mauer / Zaun zur Linken ….
…. häufig noch löchrig und dementsprechend ineffektiv!

Nett anzuschauen sind entlang der Straße die typischen Kakteen, die auf jeder Tequilaflasche zu finden sind. Allerdings sind die Verästelungen nur selten so schön, wie auf dem Photo oben. Weniger schön ist der viele Plastikmüll entlang der Straßen und auch die Rückstände der vielen Unfälle. Alles bleibt am Wegesrand liegen: verbrannte Wracks, massenweise Scherben und unzählige Reifenreste. Interessant sind die sogenannten Llanteras, wenig vertrauenerweckende Werkstätten neben der Straße. Meistens sind es offene Bretterbudenauf ölverseuchten Böden, in denen geschraubt und geschweißt wird, dass man nur hoffen kann, niemals in die Verlegenheit zu kommen, deren Dienste in Anspruch nehmen zu müssen.

Eine typische Werkstatt „Llantera“ am Straßenrand

Am Straßenrand finden wir auch viele kleine Imbisse, meistens Privatleute, die ihr selbstgekochtes Essen feilbieten, wie heute in Sonoita. Bislang geschmacklich immer eine gute Wahl und drin geblieben ist es auch!

Mittagessen am Straßenrand in Sonoita

Wir folgen der Nationalstraße 2 weiter in Richtung Süden. Wir fahren dem Ostrand der Altar Wüste lang bis sich die Vegatation so langsam verändert. Es bleibt wüstenhaft, doch hier mehren sich die grünen Büschel. Als die Sonne schon sehr tief steht, hoffen wir in A…. ein Zimmer zu finden. Leider stellt sich der in der Karte (Maßstab 1:2,25 Mio!!!) eingetragene Ort nur als eine Straßenkreuzung mit Supermarkt und Tankstelle heraus. Acht Kilometer abseits ist ein weiterer Ort eingezeichnet, Cabro. Wir fragen die Frau im Supermarkt, ob wir da Hotels oder Pensionen finden würden. Ihre Antwort läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Auf gar keinen Fall sollen wir dahin fahren. Die zwei Herbergen in Cabro seien „mucho drogitas“, will heißen in Händen der Drogenmafia, und es sei dort sehr gefährlich für uns. Keine Ahnung, ob hier übertrieben wird, doch eine solche Warnung wollen wir nicht ignorieren. Campen kommt auch nicht infrage, den das ganze Land ist neben den Straßen abgezäunt und in Privathänden. Will man also nicht 3 Meter neben dem Asphalt sein Zelt aufbauen, gibt es hier keinerlei Möglichkeiten. Es gab bislang auch nicht einen einzigen offiziellen Campingplatz! Das Zelt scheint für Mexiko nicht das richtige Übernachtungsmedium zu sein.

So bleibt uns nichts anderes übrig, als das zu tun, was für mich eigentlich ein NoGo ist, nämlich in die Dunkelheit zu fahren. Das ist bei der Fahrweise der mexikanischen Trucks kein Vergnügen und ziemlich unsicher. Aber es hilft nichts, wir müssen noch die 75 Kilometer bis Hermosillo fahren. Das ist eine Großstadt mit ca. 800.000 Einwohnern, in der wir zur Belohnung für die schweißtreibende Nachtfahrt ein sehr schönes Hotel mit einem Patio inclusive Pool finden. Die Hotelsuche klappt in Mexiko sehr gut. Die Preise sind sehr niedrig, selbst dieses fast luxuriöse Hotel kostet unter 20.-€ pro Person.

Wir suchen noch etwas zu Essen, fühlen uns aber auf den dunklen unbelebten Straßen dieser Großstadt nicht besonders wohl. So bleibt es bei einem kurzen Gang um zwei Blöcke, die uns leckere Burritos finden und genießen lassen.

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