Bevor wir am Donnerstagmorgen Great Falls verlassen, besuchen wir das Charles Russels Museum und schauen uns die Wasserfälle im Missouri River an, die der Stadt ihren Namen verleihen. Charles Russels war ein Maler (1864-1926), der sich in einem photoähnlichen Malstil mit den indigenen Stämmen und ihren Auseinandersetzungen mit den weißen Einwanderern auseinandergesetzt hat, und der in seiner Heimatstadt Great Falls sehr verehrt wird.

Der Missouri, als einer der längsten Flüsse im Norden der USA, wir bei Great Falls zur Erzeugung von elektrischer Energie gestaut. Hinter dem Staudamm ergießt sich der Fluss über breite Felsklippen und bildet etliche sehr geräuschvolle Wasserfälle – ein schicker Anblick!

Hinter Great Falls ist erstmal wieder gutes Durchhaltevermögen gefragt. Der Highway 87 führt auf fast 200 Kilometern durch öde Steppenlandschaft, in der es außer riesigen, trockenen Feldern mit viel Rinderzucht nichts zu sehen gibt. Erst als uns der Highway 191 gen Süden über Harlowton nach Big Timber führt, werden wir aus der Lethargie geweckt. Die Landschaft wird hügelig, zur rechten tauchen im Hintergrund wieder die Rockies auf, und auf den Weiden tummeln sich wieder interssantere Tiere. So sehen wir viele Rentiere, aber auch einige Bisonherden. Auch zeigt sich die Sonne wieder, nachdem wir den Tag über eine Mischung aus Feuerdunst und Gewitterwolken über uns hatten.


Endlos schlängelt sich der Highway durch die Hügellandschaft. Ab und zu taucht mal eine kleine Farm neben der Straße auf, aber ansonsten extrem wenig Bebauung. Kurios: etwa 10 Meilen vor Big Timber steht am rechten Straßenrand einsam und verlassen ein altes Schulhaus, das seit 1967 nicht mehr in Betrieb ist. Im späten Sonnenlicht erreichen wir endlich Big Timber, ein Straßendorf neben der großen Interstate 15, das nicht zu besuchen lohnt, aber es bietet uns ein passables Zimmer in einem Motel und ein Abendessen in einem Pub mit dem schönen Namen „The thirsty Turtle“.



Da für den heutigen Freitag schlechtes Wetter angesagt ist, brechen wir schon vor acht Uhr auf. Die Etappe nach Red lodge ist mit Bedacht kurz gewählt, sodass wir schon gegen elf in der Alpine Lodge ankommen, wo uns der deutschstämmige Herbergsvater mit einem leckeren Cappu begrüßt und uns ein paar Illusionen über den weiteren Reiseverlauf nimmt. Der direkte Weg in den Yellowstone – Park hinter dem Beartooth – Pass ist nämlich seit dem Unwetter vom 13. Juni dieses Jahres gesperrt. Da hatte es zunächst viel nassen Schnee gegeben und anschließend tagelang bei hohen Temperaturen sintflutartig geregnet. Dabei sind viele Straßen verschüttet oder einfach weggespült worden. Somit müssen wir, wenn wir den Beartooth – Pass nicht verpassen wollen, einen großen Umweg von etwa 250 Kilometern über Cody in den Nationalpark nehmen.
Aber das ist Thema für morgen. Heute werden wir erstmal den Regen in Red Lodge, einem gar nicht mal so hässlichen Ort, abwarten. Wir haben viel Zeit zur Erkundung des Ortes und seiner Umgebung, sowie der kulinarischen Angebote. Der Regen fällt am Ende nicht so arg aus wie prognostiziert. Wieder zurück in der Lodge treffen wir auf einen Luxemburger, der mit seinem 67 jahre alten Mercedes 300SL durch Nordamerika fährt. Er hat bis hierher quasi die gleiche Strecke zurückgelegt wie ich. Von Halifax nach Alaska und über Vancouver Island nach Montana – eine stramme Leistung mit einem so sensiblen Gefährt!




Der Samstag weckt uns mit schönstem Sonnenschein. Also keine Zeit verlieren und früh aufbrechen. Denn vor uns liegt, wegen des Umwegs über Cody, ein langer Fahrtag. Die Fahrt zum Beartooth Pass ist, wie von Steve versprochen, ein Spektakel der besonderen Art. Durch eine atemberaubende, karge Gebirgslandschaft schraubt sich die Straße auf 3.325m hinauf. Der frühe Start hat allerdings seine Schattenseite: Das Thermometer sinkt auf 1 Grad! Doch das Frieren lohnt! Die Panoramen sind auf der Ost- und der Westseite sehr unterschiedlich. Im Osten karg und steil, im Westen lieblicher mit mehr Vegetation – auf beiden Seiten jedenfalls großartig!


Auch hinter dem Pass bleibt die Route wunderschön und gebirgig. Jetzt zieht allerdings der Himmel meine besorgten Blicke auf sich. Dunkle Cumulus Nimbus Wolken drohen abzuregnen! Sie versuchen es einmal kurz vor Cody, doch ansonsten bleiben wir verschont – puh! So ziehen wir die Strecke zum Osteingang in den Yellowstone Nationalpark zügig durch, damit wir früh genug in Lake Yellowstone in der reservierten „Cabin“ ankommen, um den Rest des Tages schon auf Erkundungstour zu gehen. Die Tage sind nicht mehr so lang, da die Sonne sich schon vor halb acht verabschiedet.

Yellowstone Nationalpark ist eine Welt für sich. Die zwei Tage, die wir hier verbringen, lassen es uns auf drei wesentliche Beobachtungen, bzw. Erlebnisse reduzieren. Zum ersten ist es die überall brodelnde Erde. Geysire, heiße Quellen und dampfende Erdöffnungen sind quasi flächendeckend anzutreffen. Ganz besonders toll erleben wir das in Old Faithful, wo wir den namengebenden Geysir gleich zweimal beim Ausbrechen zuschauen können. Aber auch die unzähligen anderen Geysire, die zum Teil fast permanent sprudeln, oder nur höchst selten ausbrechen, verleihen dem Land eine apokalyptische Stimmung und einen auf Dauer schwer zu ertragenden Schwefelgeruch.







Zum zweiten ist die Tierwelt in Yellowstone unglaublich präsent. Bären bekommen wir leider nicht zu sehen, obwohl gerade die Schwarzbären sehr zahlreich sein sollen. Dafür wimmelt es hier nur so von Bisons, Rentieren und Elchen. Besonders interessant ist auch der Weißkopfadler, den wir einige male antreffen und einmal sogar fahrenderweise auf einge hundert Meter in seinem Flug begleiten dürfen.



Als Nummer drei der Besonderheiten von Yellowstone sind die vielen Wasserlandschaften zu nennen, ob das Seen, Flüsse oder Wasserfälle sind. Allen voran stehen die Upper Falls und Lower Falls des Yellowstone River. Etwa 200 Meter tief hat sich der Yellowstone River hier in den gelben Sandstein eingegraben, der übrigens namengebend für den Nationalpark ist, und fällt dann spektakulär mit ohrenbetäubendem Gebrüll weitere 50 Meter in die Tiefe. Wenn auch kein anderes Gewässer nur annähernd mit dem Yellowstone River Canyon mithalten kann, so verdienen hier dennoch andere Wasserfälle genannt zu werden, wie die Tower Falls oder die Kepler Cascades. Leider hatten wir nicht immer gutes Licht zum Photographieren, doch die Bilder zeigen hoffentlich auch so noch die Schönheit der Wasserlandschaften! Ein Gewässer ist schon allein wegen seiner Größe zu erwähnen. Das ist der Yellowstone Lake, an dessen Ufer wir letzte Nacht übernachten durften. Er nimmt etwa 20% der Fläche dieses größten Nationalparks der USA ein und ist damit nicht viel kleiner als der Bodensee. Dazu ist er auf 2.400 Meter Höhe gelegen – eiskalt und über die Hälfe des Jahres zugefroren!





Nur schwer trennen wir uns heute am Nachmittag von Yellowstone, denn es gäbe noch so viel mehr zu sehen, aber dafür könnten wir die gesamten drei Wochen unserer gemeinsamen Zeit aufwenden. Der Weg zurück führt uns wieder nach Cody und damit in die Wärme. Haben wir den Tag heute früh bei 2 Grad auf dem Moped begonnen, empfängt uns Cody fast 1.000 Meter tiefer mit 23 Grad am Abend. Das heute viel bessere Wetter lässt uns die Strecke ganz anders genießen als gestern. Wunderschöne Erosionsformen in den Sandsteinfelsen, durch die sich unser Tal tief eingegraben hat, lenken die Blicke des Fahrers allzu oft von dem Straßengeschehen ab, was in diesem Fall aber vertretbar ist, da eben nicht viel auf der Straße geschieht! Hut ab, vor meiner Sozia, die sowohl die vielen Kilometer, als auch die Kälte und Nässe klaglos wegsteckt! Wir sind eben auch auf dem Moped ein gutes Gespann!

Wir kommen kurz vor Sonnenuntergang in Cody an, suchen uns ein weniger schnödes unter den vielen Motels aus und gönnen uns dem am Straßenrand plakatierten Motto von Wyoming folgend – „Wyoming is Beef Country!“ – ein Abendessen im benachbarten Steakhouse. Auch mal lecker nach jeder Menge Pub-Food der vergangenen Tage!
Morgen nehmen wir das nächste Ziel in Angriff: Der Rocky Mauntain Nationalpark in Colorado, Nahe Denver. Dahin werden wir zwei Tage brauchen, wobei auch eine Durststrecke flachen Ödlands auf dem Weg liegen wird. Insgesamt haben wir noch 5 Tage, bis wir Steve und Brenda in Moab treffen werden. Passt alles!
Liebe Ariane, lieber Wolfram,
ich verschlinge euren Reisebericht und erinnere mich an den Yellowstones Park vor 30 Jahren- eure Begeisterung teile ich und freue mich an den bekannten Bildern.
Auch die nächsten Ziele haben mich damals begeistert und ich freue mich auf euren Bericht.
In Moab hatte ich damals eine Wurzelbehandlung durch einen Zahnarzt, der eigentlich als Galerist gearbeitet hat und nur noch gelegentlich hinter seiner Galerie seinen Behandlungsstuhl genutzt hat….ein Abenteuer der anderen Art, aber sehr erfolgreich…
Die Landschaft- ein Traum.
Ich wünsche euch ganz ganz viel Spaß auf dem gemeinsamen Teil der großen Reise!
Liebe Grüße Beate
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Hi,
Ich kann mich nur wiederholen, Deinen Berichten zu folgen, ist als ob ich nebenher fahre. Solch tolle Eindrücke und so einprägsam beschrieben, man fühlt sich irgendwie immer eingeladen weiter und weiter zu lesen.
Also, bitte weiter so!
Euch weiterhin viel, viel Spaß und tolle Eindrücke. Bleibt gesund, Micha
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