Es soll nicht so schnell klappen! Als ich mich schon langsam aufmachen will, Ariane am Flughafen abzuholen, erreicht mich die WhatsApp „Ich werde den Anschlussflug in Vancouver nicht schaffen“. Das klingt nicht gut, denn die Ankunft war eh erst für 20:20 geplant. Gibt es danach überhaupt noch einen Flug von Vancouver nach Calgary? Kurz darauf die Auflösung: Ja, es kommt noch ein Flug um 23:37 an. Hauptsache, es klappt heute noch! Doch Ariane sieht das etwas anders. Sie ist nach 26 Stunden auf den Beinen einfach fertig. Am Ende kommen nochmal 30 Minuten Verspätung dazu, doch um 15 Minuten nach Mitternacht halten wir uns in den Armen – endlich!
Wir bleiben zwei Nächte in dem schönen Flughafenhotel und erkunden am Sonntag Calgary, was zwar ganz nett, aber auch nicht wirklich berauschend ist. Eine kleine Skyline in Downtown mischt sich auf merkwürdige Weise mit kleinen älteren Gebäuden. Eine Tour per Smartphone führt uns entlang der Sehenswürdigkeiten durch Calgary. Das ganze rundet ein Essen auf einem Dachrestaurant über dem Bow River ab. Danach beschließen wir den Tag entspannt im warmen Pool auf dem Hoteldach.


Am Montagmorgen geht’s dann endlich zu zweit weiter. Das Moped ist nun recht beladen, aber alles ist gut untergebracht und die Sozia sitzt bequem! Ein Startphoto auf dem Hotelparkplatz, und es geht los in Richtung Waterton Nationalpark, der noch auf kanadischem Grund direkt an den Glacier Nationalpark in Amerika grenzt.

Auf dem Highway 2 gewöhnen wir uns durch reizarme Steppenlandschaft an die Zweisamkeit auf dem Moped. Wir wundern uns über den trüben Himmel, der der Landschaft die Farben raubt, erfahren dann später am Weltkulturerbe in Buffalo Jump, dass es sich dabei nicht um Wolken, sondern um Rauch von riesigen Waldbränden handelt. Unter anderem sind es auch die Waldbrände, die ich Tage zuvor bei Osoyoos beobachtet habe, die zu dieser Eintrübung beitragen. In Buffalo Jump schauen wir uns an, wie die Ureinwohner hier über 7.500 Jahre lang bis vor 120 Jahren Rinder gejagt haben. Zuerst haben sie diese über Felsenklippen getrieben und dann die abgestürtzten Tiere zerlegt und das Fleisch haltbar gemacht. Klingt barbarisch, aber irgendwie auch effektiv!


Etwas später entdeckt Ariane zu unserer Linken einen einsamen Schwarzbären inmitten auf einem abgemähten Kornfeld. Über etliche Minuten spurtet dieser mit einer benerkenswerten Leichtfüßigkeit kilometerweit über das freie Feld, bis ein Flusstal ihm wieder Sicherheit bietet – ein tolles Schauspiel!

Am späten Nachmittag erreichen wir den Nationalpark Waterton Lake. Leider können wir nur erahnen, wie schön es hier an klaren Tagen sein muss. Die Eintrübung durch die Rauchentwicklung nimmt leider jegliche Farbe aus der wunderschönen Natur. Das ist sehr schade, aber wir müssen es nehmen, wie es ist. Dieser Zustand soll bereits seit etlichen Wochen anhalten und wir wohl noch den September über so bleiben, wenn es nicht zu nennenswerten Regenfällen kommen wird. Wahnsinn, wie weit sich der Rauch ausbreitet. Wir müssen bis Yellow Stone damit rechnen. Das ist eine Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung von fast 1.000 Kilometern!


Auch am Dienstag bleibt uns der trübe Himmel erhalten, als wir zum Glacier Nationalpark aufbrechen. Bei Cardston erreichen wir auf einsamer Straße den amerikanischen Grenzübergang. Ariane muss ins Grenzbüro, um ihre Fingerabdrücke einscannen zu lassen. Mir bleibt das erspart, weil ich das bereits vor 4 Wochen bei der Einreise nach Alaska erledigt habe. Nach zehn Minuten sind wir dann im gelobten Land! Schön trostlos ist es hier. Die wenigen Siedlungen, die es gibt, versprühen einen eigenwilligen Charme. Jeder Anwohner scheint hier einen Schrottplatz auf seinem eigenen Grund und Boden zu betreiben.
In St. Mary Lake erreichen wir den Osteingang in den Glacier Nationalpark. Für 80 US$ erstehen wir eine Jahrespass, der für sämtliche Nationalparks der USA für uns beide gültig ist. Das ist wirklich mal günstig, was ich ansonsten für Kanada und USA so gar nicht sagen kann!
Auf einer spektakulär schönen Straße, die auf den schönen Namen „Going to the Sun Road“ hört, fahren wir einmal quer durch den Nationalpark, überqueren dabei den Logan Pass, wo wir eine schöne Wanderung zum „Hidden Lake“ unternehmen und enden am Lake Mc Donald, bevor wir den Park in West Glacier am Westeingang verlassen. Leider können wir auch auf dieser Fahrt nur erahnen, wie schön es hier sein muss, wenn die Sonne scheint. Dafür werden wir mit tollen Wildlife-Beobachtungen belohnt. Zunächst ist es nur ein Streifenhörnchen, doch auf der Wanderung am Logan Pass können wir aus einiger Entfernung über eine Stunde lang einen Grizzly auf seiner langen Wanderung von einer Bergseite zur anderen verfolgen. Wir sind total verblüft, wie leicht sich dieses mächtige Tier in der steilen Felsenlandschaft bewegt.







West Glacier ist ein trostloser Touristenort, den wir schnellstmöglich verlassen. Nur 12 km weiter finden wir in Coram eine sehr originelle Übernachtung in einem Tippi im Wald. Es ist das Wander Camp, das Hotelstandard im Zelt anbietet – echt originell und sehr gemütlich! Bevor wir es uns im Tippi bequem machen, besuchen wir noch einen Saloon, den wir auf dem Weg am Straßenrand entdeckt haben. Hier essen wir vorzüglich zu Abend in einer rustikalen Westernatmosphäre und zu wirklich günstigen Preisen. Wir sind hier die einzigen Touristen unter vielen Einheimischen, die schnell Gegenstand interessanter Sozialstudien werden. Das ganze Ambiente ist faszinierend. Wände und Decken sind flächendeckend mit beschriebenen Dollarnoten zugetackert. Eine Bühne ist mit Schlagzeug, Guitarren und Piano ausgestattet, und überall leuchten Reklameschilder für Budweiser & Co. Aus den Boxen dröhnt wunderbare Rockmusik, die aus meiner Spotify-Playlist stammen könnte. Wir genießen den Abend im Saloon sehr und machen uns erst spät auf den Rückweg ins Tippi, wo mittlerweile zahlreiche adere Zelte auch bewohnt sind und vor dem Sanitärgebäude ein großes Lagerfeuer entfacht wurde.


Am Mittwochmorgen werden wir von der Sonne geweckt! Gibt es die überhaupt noch? Gut, es ist noch immer kein strahlend blauer Himmel, aber immerhin hat sich das Licht durch eine andere Windrichtung doch deutlich verbessert. Also beschließen wir, die Strecke durch den Glacier Nationalpark nochmal in Gegenrichtung zu fahren, um den trüben Eindruck der gestrigen Fahrt ein weinig aufzuhellen. Und das stellt sich als sehr gute Entscheidung heraus. Auch heute ist der Ausblick alles andere als klar, doch im Vergleich zu gestern sind die Farben ungleich intensiver und überhaupt die ganze Stimmung viel freundlicher. Dazu bekommen wir heute einen Bergziegenbock aus der Nähe vor die Linse – eine wahre Schönheit, die das aber auch zu wissen scheint! Auf der Abfahrt zum St. Mary Lake fahren wir wieder ins Trübe, denn bis hier in den Osten des National Parks hat es der Wind noch nicht geschafft.





Wir verlassen den Park und fahren weiter in östlicher Richtung nach Great Falls, der mit nur 60.000 Einwohnern drittgrößtem Stadt von Montana, einem der am dünnsten besiedelten Staaten der USA. Die 250 Kilometer dorthin erfordern schon ein gutes Maß an Durchhaltevermögen. Riesige Felder, auf denen entweder Rinder gehalten werden oder Getreide angebaut wird, bieten wenig Reiz für die Sinne, dafür aber jede Menge Potenzial einzuschlafen, was meiner Sozia auch gelingt!
In Browning legen wir eine Pause ein und suchen, eingerahmt von der indigenen Bevölkerung, eine Cantina zum Mittagessen auf. Nicht schön, aber ganz lecker und eine tolle Kulisse für weitere Studien der sozialen Ordnung in den USA! Nach vier Stunden ist es dann endlich geschafft. Wir erreichen Great Falls und dort unser vorgebuchtes Hotel Arvon, das sich als ganz netter alter Kasten darstellt. Es bleibt uns vor Sonnenuntergang noch die eine oder andere Stunde für eien Stadtrundgang, der uns zum Abendessen in einer Brauerei enden lässt, wo wir gut essen und ein Bier-Tasting genießen.


Ja, das sind die ersten 4 Tage einer neuen Phase meiner Reise. Die Zweisamkeit nach 7 Wochen des Alleinreisens kann ich sehr genießen, vom Luxus regelmäßigen Essens und feiner Übernachtungen gar nicht zu sprechen! Ich freue mich auf die gemeinsame Zeit mit der besten Sozia der Welt! Die nächsten 2-3 Tage werden uns in den Yellowstone Nationalpark führen. Leider werden wir uns weiterhin auf die Eintrübung durch Rauch von den Waldbränden einstellen müssen. Aber vielleicht hilft uns auch der Wind? Inshallah!
Hallo ihr beiden Lieben,
wie schön, dass ihr nun zu zweit alles genießen könnt!!!!
Es macht so einen Spaß deine tollen Berichte zu lesen , lieber Wolfram!
Nun kommt ihr in Gebiete, die ich vor 30 Jahren bereist habe- so wunderschöne Landschaften- ich freue mich schon auf die Bilder und eure Erlebnisse.
Damals gab es übrigens großartige Übernachtungsmöglichkeiten in Youth Hostels auch in Doppelzimmern an den schönsten Orten( zB Leuchtturm)….
Wir wünschen euch eine bezaubernde Reise und ganz viel Spaß ! Liebste Grüße aus der spanischen Sonne,
Beate&Christian ,
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Ein Hallo in die Ferne,
Es is so schön von Euch zu hören, dass Uhr diese Abenteuer temporär gemeinsam genießen könnt. Der Reisebericht läßt einfach keine anderen Schlüsse zu.
Ich wünsche Euch eine wunderschöne, gemeinsame Zeit voller spannender Abenteuer aber auch mit ausreichend Zeit zum Genießen und Entspannen .
Liebe Grūße aus Hohen Neuendorf
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Hallo Ihr beiden, dass sieht ja alles fantastisch aus, trotz der Eintrübung durch die Waldbrände. Grüßt die Bären von uns!
Kirsten& Robert
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Heidi und Hans-Jürgen
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