10 Denali National Park und Gastfreundschaft pur

Wie zufällig und einfach sich manchmal im Leben Dinge ergeben, die am Ende von großer Bedeutung für einen sind! Die kurze Bekanntschaft mit Alys und Becky am Freitagmorgen soll sich im Gennuss unvergleichlicher Gastfreundschaft auszahlen, denn diesen Blog schreibe ich gerade im Haus von Pete und Alys bei Palmer, nördlich von Anchorage. Doch dazu später mehr!

Ich verlasse am Freitag nachmittags Tok bei allerschönstem Sonnenschein in Richtung Fairbanks nordwärts. Noch ist es recht kühl, doch das Kino, das links und rechts der Strecke abläuft, beschäftigt mich zu sehr, als dass ich mich für die Kälte interessiere. Zahlreiche Flussbetten aus den Bergen tauchen unter mich hindurch. Deren riesige Ausmaße lassen erahnen, was hier im Frühjahr hindurch muss. Zur linken, hinter dem parallel verlaufenden Tanana River, enthüllen die Wolken zunehmend eine Bergkette, die beeindruckende weiße Gipfe freilegen.

Man ahnt, welche Wassermassen die Flüsse im Frühjahr transportieren müssen
Die ersten schneebedeckten Berge tauchen aus den Wolken hinter dem Tanana River auf ….

Und dann tauchen plötzlich zwei majestätisch aufragende Gipfel auf. Ich bin zunächst nicht sicher, welcher von beiden der höhere ist, doch die markante Form des zweiten macht mich sicher: Das muss der Mount Denali sein, seineszeichens mit 6.190 m der höchste Berg der USA. Unter Obama wurde ihm sein ursprünglicher Name wieder zugeteilt. Zuvor hieß er Mount Kinley. Wenn ich Glück habe, dann soll ich ihn morgen Abend im Denali National Park aus der Nähe sehen, aber in der Regel hält er sich gerne bedeckt.

…. die Wolken verziehen sich und legen diesen Berg frei. Ist das der Denali?
Nein, DAS ist die prägnante Gipfelform des Mount Denali!

Kurz vor Fairbanks taucht rechterhand ein riesiger Militärflughafen auf. Unzählige Frachtflieger, aber auch Jagdflugzeuge sind darauf stationiert. Das muss für die Amis strategisch ein wichtiger Stützpunkt sein, so nah an der Behringsee und dem russischen Erzfeind. Ich kann es mir nicht verkneifen und muss dies mit einigen Photos festhalten.

US Airforce Base vor Fairbanks

Anschließend erreiche ich die Peripherie von Fairbanks, ein für diese Kleinstadt unglaubliches Straßengewirr! Der Campground, den ich mir zuvor ausgesucht habe, ist auf unbestimmte Zeit wegen Reinigungsarbeiten geschlossen, heißt es an der geschlossenen Schranke in großen Lettern, doch ein Moped passt da locker nebenher. Und so finde ich einen aufgeräumten und sehr schönen Zeltplatz vor, der mir alleine gehört. Am spiegelglatten Sana River baue ich mein Zelt auf und verbringe eine sehr angenehme und ruhige Nacht.

Idylle auf dem geschlossenen Campground von Fairbanks

Am Samstagmorgen verlasse ich Fairbanks, nachdem ich von AT&T eine SIM-Karte gekauft habe, die in Alaska, Kanada, den USA und sogar in Mexiko funktionieren soll! Die Strecke wird wieder flacher, die Berge ziehen sich zurück. Was bleibt ist der Tanana River. Am Wegesrand ziehen immer wieder verlassene Rastplätze und Motels vorbei, die noch von Zeiten erzählen, als die Reise weniger komfortabel verlief als mit den heutigen Luxusfahrzeugen.

Brücke über den Tanana River auf dem Weg zum Denali National Park
Manches Motel am Wegesrand hat schon bessere Zeiten erlebt

Je mehr ich mich dem Denali-Massiv nähere, desto mehr zieht sich der Himmel zu. Als ich schließlich im National Park ankomme ist es total düster – von den hohen Bergen in zweiter und dritter Reihe nichts zu sehen. Am Parkeingang erfahre ich, dass der Campground keine freien Plätze mehr habe. Ein Paar aus den Niederlanden, das mich in der vergangenen Woche, wie sie sagen, viermal auf der Straße überholt haben will, bietet mir daraufhin an, mein Zelt auf Ihrem Stellplatz aufzubauen – wie nett! Danach sehe und höre ich von ihnen allerdings nichts mehr.

Platz für mein Zelt neben dem Camper des niederländischen Ehepaars

Es ist noch früh am Nachmittag, und das Wetter für morgen sieht nicht gut aus, also beschließe ich, noch heute eine Wanderung durch den Nationalpark zu machen. Ich wähle einen Trail auf den Mount Healy hinauf, wo ich nach zwei Stunden strammen Aufstiegs erschöpft ankomme und mit einem tollen Panorama für die Mühen belohnt werde. Ich schaffe es gerade bei Anbruch der Dämmerung wieder zum Zelt zurückzukehren. Die Nacht wird kühl, bleibt aber trocken!

Panorama vom Mount Healy
Am Mount Healy: Man erahnt schon, das der Indian Summer bald kommt
Die Trans Alaska Rail Road beim Abstieg vom Mount Healy

Ich schaffe am Morgen gerade noch das Zelt im trockenen abzubauen und alles einzupacken bevor der Regen einsetzt. Heute will ich der Einladung von Alys folgen und ihren Mann Pete in der Nähe von Palmer, nördlich von Anchorage, besuchen. Ich habe mich gestern bei ihm telefonisch angekündigt und eine detaillierte Wegbeschreibung erhalten, die darauf schließen lässt, dass die beiden tief in der Wildnis leben. Den ganzen Tag fahre ich auf nassen Straßen, doch Regen bekomme ich nur wenig ab. Die Strecke ist eher öde, wobei das auch an den tief hängenden Wolken liegen mag, die die schöne Berglandschafft verhüllen. Außer einem spektakulären Unfall eines Wohnmobils erlebe ich auf der heutigen Fahrt nicht viel.

Zu schnell in der Kurve – ein Leih-Camper
Nasse Straßen und verhangene Berge all day long!

Bei Palmer fallen mir die vielen Wahlplakate auf, mit denen sich die Kandidaten aus dem 49. Staat der USA, Alaska, für den US Senat empfehlen. Der bei weitem größte Anteil an den Plakaten gilt den Republikanern. Darunter auch ein Kandidat mit dem Wahlspruch „Make Alaska great again!“ Kennt man noch, oder?

Mid Term Elections in den USA

Doch dann lande ich, nachdem ich die letzten 8 Kilometer über kleine Pisten immer tiefer in den Busch gefahren bin, endlich am Grundstück von Alys und Pete an. Es ist ein wirklich verwunschener Ort, ein riesiges Grundstück mit bestimmt fünf oder sechs Blockhäusern darauf. Eines sieht deutlich mehr nach Wohnhaus aus als die anderen, also halte ich darauf zu und parke mein Moped davor. Gleich melden sich zwei Hunde und kurz darauf steht auch Pete vor der Tür und begrüßt mich auf das herzlichste. Es entsteht in Sekundenschnelle eine Sympathie und Vetrautheit, die mich verblüfft.

Alys hat nicht übertrieben als sie sagte, dass sich ihr Mann sehr über meinen Besuch freuen würde. Er ist Professor an der Universität für Communication und lehrt „Technisches Schreiben“ und „Freie Rede“. Als erstes führt er mich über das Anwesen, auf dem Alys und er zum Teil in Subsistenzwirtschaft leben. Er zeigt mir die 4 Pferde, die Ziegen, den Gemüse- und den Obstgarten, dann die vielen Blockhäuser, in denen die unterschiedlichsten Dinge gelagert werden. Es ist ein Grundstück von geschätzt 80 x 50m mit viel Baumbestand. Ein kleines Paradies mitten in der Wildnis. Elektrizität, Wasser, Gas: Alles wird hier selbst erzeugt oder herangekarrt, es gibt keinerlei Infrastruktur vom Staat. Dafür dürfen sie hier walten und schalten wie sie wollen. Das ist Freiheit!

Wir unterhalten uns sehr angeregt bis tief in die Nacht. Pete bereitet eine tolle Pizza als Abendessen, und für den kommenden Tag (Montag) verabreden wir uns, gemeinsam nach Anchorage und dann auf die Alaska State Fair in Palmer zu gehen – ein Großereignis für die Region!

Wohnhaus, Lagerhaus und Ziegenstall (v.r.n.l.) von Alys und Pete
Pete und sein 33-jähriges Island Pony
Milch für den Ziegenkäse
Pete im Obstgarten

Nach einem köstlichen Frühstück und einer schönen Dusche fahren wir über Palmer nach Anchorage. Einmal mehr bin ich von einer Großstadt ernüchtert. In Anchorage lebt die Hälfte der 600.000 Einwohner Alaskas. Mit Ausnahme weniger Gebäude, wie dem Bahnhof, ist Anchorage eine planlose Ansammlung von architektonisch unbedeutenden Bauwerken. Die Lage an der Pazifikküste hatte ich mir auch anders vorgestellt. Es gibt kein direktes Meeresufer. Allein hinter dem heruntergekommenen Hafengelände kann man das Meer erahnen. Für Aufregung sorgt am Ende eine Bärenmutter, die mit ihrem Kind einfach so durch die Stadt spaziert. Polizisten riegeln die unmittelbare Umgebung ab, ansonsten scheint dies aber etwas ganz alltägliches in Anchorage zu sein.

Bahnhof der Alaska Railroad Corporation in Anchorage
Eine der Hauptstraßen in Anchorage
Vor dem Bahnhof von Anchorage
Schwarzbären – Mutter und Kind inmitten der Stadt

Etwas ernüchtert verlassen wir Anchorage, um die Alaska State Fair, die einmal im Jahr in Palmer stattfindet, zu besuchen. Pete will dort eine Freundin treffen und ihr 3 Gallonen Ziegenmilch geben, damit sie daraus Käse machen kann. Die tägliche Produktion von einer Gallone Ziegenmilch übersteigt den Eigenbedarf deutlich. Eine solche State Fair kann man sich als Mischung aus einem Rummelplatz und einem großen Warenmarkt vorstellen. Tausend Menschen wimmeln dort herum. Überall wird Essen angeboten, und an jeder zweiten Ecke läuft irgendeine Show. Mal ist es ein Ziegen-Wettmelken, dann ein Holzhacker-Wettbewerb. Es ist ein buntes Treiben, so richtig amerikanisch, wie man es sich aus der Filmwelt vorstellt. Ein richtiges Happening – schrill und laut!

Wettbewerb mit der Motor-Kettensäge auf der Alaska State Fair in Palmer
Holzhacker-Wettbewerb auf der Alaska State Fair in Palmer

Nach einem sehr abwechslungsreichem Tag mit vielen Einsichten in das Leben von Alaska, fahren wir am Abend wieder zu Alys und Pete nach Hause. Dort begeben wir uns in der Dämmerung noch auf eine Dschungelwanderung mit den Hunden und lassen den Tag ausklingen. So sitze ich hier, schreibe diesen Blog und bin noch ganz benommen von den vielen Eindrücken, deren Verarbeitung noch Tage in Anspruch nehmen wird. Ich bin sehr dankbar für die Einsichten und Begegnungen, die mir dieser Besuch ermöglicht hat. Und das alles hat sich aus der kurzen Begegnung am Freitagmorgen auf dem Zeltplatz in Tok ergeben. Ich hoffe, mich einmal in Berlin bei Alys und Pete revanchieren zu können!

Morgen geht es weiter nach Mc Carthy, ein Ort den zu besuchen mir vielfach empfohlen wurde.

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