31 Pamir Highway – westlicher Teil – und Dushanbe

Er heißt zwar „Highway“, doch der Abschnitt von Khorog nach Kalaikum ist fast noch schlechter zu fahren als das Wakhan-Valley. Neun Stunden reine Fahrtzeit für 230km Strecke geben eine ungefähre Vorstellung davon, wie schlecht die Straße ist. Wir folgen weiterhin dem Grenzfluss Panj, der – in Bereichen ohne Stromschnellen – mühelos zum afghanischen Ufer zu durchschwimmen wäre. Dieses wird, je mehr wir in den Westen kommen, immer belebter. Es tauchen nunmehr richtige Häuser anstelle der Hütten zuvor auf. Doch nach wie vor keine Spur von Elektrizität!

Stattliches Haus am afghanischen Ufer

Afghanische Siedlung

Es begegnen uns viele chinesische Lastwagen, die sich im Schritttempo gen Reich der Mitte quälen. Für die 1.400 Kilometer von Dushanbe benötigen diese über eine Woche, wobei sie Tag und Nacht durchfahren. Immer wieder sieht man sie mit kleineren und größeren Pannen am Pistenrand stehen. Die haben alle denkbaren Ersatzteile dabei und bauen nötigenfalls selbst Motor und Getriebe auf der staubigen Piste auseinander – ein Knochenjob!

Irgendwann erblicke ich am afghanischen Ufer eine wahre Völkerwanderung. Die Leute winken und rufen, als sie mich beim Photografieren entdecken. Der Menschenstrom endet an einer kleinen Siedlung, wo gerade ein sehr staubiges Fußballspiel ausgetragen wird.

Menschenstrom am afghanischen Ufer

Afghanisches Staub-Fußballspiel

Vor Kalaikum gräbt sich der Panj tief in einen Canyon ein. Die Berghänge ragen bestimmt 2.000 oder mehr Meter direkt aus dem Fluss auf, und die Piste ist über dem Ufer in den Fels gehauen – ein spektakulärer Streckenverlauf. Dazu kommt ein starker Wind auf, der uns entgegen bläst. Zuweilen wirbelt er dichte Staubwolken auf, die uns vollständig die Sicht nehmen. Wie gut, dass es keinen Gegenverkehr gibt!

Steile Bergwände über dem Panj

Der Panj liegt tief in den Bergen

Erst kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir ziemlich abgekämpft Kalaikum – ein nettes kleines Städtchen, das sich in heller Aufruhr vor dem morgigen Präsidentenbesuch befindet. Da wurde schnell mal die Hauptstraße neu asphaltiert und wird gerade noch mit frischen weißen Linien versehen.

Frische weiße Linien für den Präsidenten

Wir nehmen ein ziemlich schäbiges, kleines Zimmer im einzigen Hostel des Ortes. Entschädigt werden wir mit einer wunderschönen Terrasse, die über den Fluss hinausragt. Dort verbringen wir den Abend, und ich schreibe den Blog No. 29 zu Ende.

Terrasse über dem Fluss in Kalaikum

Am Dienstagmorgen müssen wir schon vor sieben Uhr Kalaikum verlassen, denn danach werden die Straßen bis zum Nachmittag für den Präsidenten gesperrt bleiben. Wir finden schon so früh die ganze Stadt auf den Beinen. Überall wird noch hektisch aufgeräumt und geputzt. Wir tanken nochmal voll und machen uns auf den Weg – weiter dem Panj und der afghanischen Grenze entlang. Nach 25 Kilometern wird aus der schlechten Piste eine Traumstraße, wie sie selbst in Deutschland nicht so oft anzutreffen ist. Über den Panj führt jetzt ab und zu mal eine Brücke. Diese sind aber allesamt verschlossen und streng bewacht. Photos lassen sich nur heimlich und aus großer Entfernung aufnehmen.

Grenzstücke über den Panj

Gegen Mittag wendet sich die Straße vom Panj in nordwestliche Richtung ab. Hier endet nach fast 700 Kilometern und 5 Tagen die so vertraute Kulisse entlang der afghanischen Grenze – schade eigentlich. Es war mir eine sehr angenehme und irgendwie lieb gewordene Szenerie! Fahrerisch wird die nun folgende Strecke sehr interessant. Enge Kurven durch rotgefärbte Berge führen zunächst nach Kuyarb und dann weiter zum Blauen See – ein Stausee, der sehr malerisch in den Ausläufern des Pamirgebirges liegt.

Rotgefärbte Pamir-Berge

Blauer See

Auf dem Weg dahin passieren wir die Stelle, an der am 28. Juli sieben Fahrradtouristen aus Frankreich, den Niederlanden und der USA Opfer eines islamistischen Attentat wurden. Vier wurden dabei gerötet und drei schwer verletzt. Tadjikistan hat dort in kurzer Zeit ein Denkmal errichtet, das mich schwer berührt.

Denkmal für getötete Rad-Touristen

Mit großen Beklemmungen fahre ich die letzten 80 Kilometer nach Dushanbe. Die Gedanken an die Fahrradtouristen, deren Photos dort ausgestellt sind, lassen mich nicht mehr los.

Am späten Nachmittag kommen wir nach Dushanbe. Für eine Hauptstadt ist der Verkehr sehr gemäßigt. Schnell erreichen wir das Greenhouse Hostel, in dem sich Backpacker wie Zweiradfahrer gleichermaßen treffen Der Hof ist gefüllt mit Mopeds und Fahrrädern, und sogar ein großer MAN-Truck aus Zürich parkt dort. Der Hof bietet eine angenehme Atmosphäre mit vergleichsweise kühlen Temperaturen. Die Fahrt hierhin war nämlich mit bis zu 38 Grad eher unangenehm heiß.

In Dushanbe bleibe ich für zwei Tage. Am Mittwoch wandere ich 8 Kilometer Kreuz und Quer durch die Stadt und genieße dabei insbesondere den großen, zentralen Park. Am Anend taucht auch Jürgen hier auf – man trifft sich halt immer wieder! Den Donnerstag nutze ich für praktische Dinge wie Blogschreiben, Wäsche waschen und Mopedwartung. Am Donnerstagmorgen steht nach 8 Wochen gemeinsamer Fahrt der Abschied von Steve an. Nun wird er sich durch Usbekistan aufmachen, das Kaspische Meer im Norden zu umfahren. Ich hoffe von Herzen, dass das für ihn alles glatt läuft! Es ist einerseits ein schwerer Abschied, denn ich mag ihn menschlich sehr und habe die Gesellschaft seinerzeit wirklich gebraucht , doch andererseits ist es auch gut wieder unabhängig unterwegs zu sein. Im November werden wir uns dann in Berlin wiedersehen. Er wird sein Motorrad in unserer Garage überwintern lassen und von Berlin heim fliegen.

Am Freitagmorgen mache ich mich dann selbst auf den Weg nach Usbekistan. Dabei habe ich wieder amerikanische Begleitung. Björn aus Seattle fährt mit seiner in China zugelassenen Benelli 500 Enduro auch nach Samarkand an diesem Tag. Er war 5 Jahre in China und fährt nun auf dem Motorrad westwärts nach Hause.

Björn aus Seattle mit Motorrad aus Guangxi

Die Strecke nach Samarkand wird nochmal richtig interessant. Sie führt auf sehr kurvigen, halbwegs guten Straßen durch hohe Berge. Zig Tunnel ohne jegliche Beleuchtung machen die Fahrt spannend und ich bekomme eine Vorstellung davon was Schwarze Löcher im Weltall sein sollen. Dann fängt es an zu Regnen! Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt das Regenzeug angezogen habe – ich glaube im Sharyn Canyon in Kasachstan! Die Temperatur geht gleich in den Keller und erreicht auf 2.700 Metern 3 Grad. In den Regen mischt sich jetzt auch noch Schnee!

Passfahrt im Regen

Nachdem die Berge hinter uns liegen, kommt auch die Sonne wieder zum Vorschein, doch es bleibt mit 23 Grad erstaunlich kühl, was mir sehr angenehm ist, hätte ich doch hier an der usbekischen Grenze mit großer Hitze gerechnet. Auch die Grenze selbst überrascht mich. Nichts von den schlimmen Abfertigungsprozeduren, über die ich zuvor gelesen habe. Ich habe selten freundlichere Zöllner erlebt als hier bei den Usbeken. Mit nur oberflächlicher Gepäckkontrolle bin ich in einer knappen halben Stunde in Usbekistan und erlebe auf den 40 Kilometern bis Samarkand ein ganz anderes Land. Dichte Besiedlung, buntes Leben, das sich auf der Straße abspielt und lauter kleine Daewoo-Büschen auf der Straße. Die Tankstellen verkaufen üblicherweise nur Gas. Benzin ist nur schwer zu finden, und wenn, dann meistens nur mit 80 Oktan – das wird noch eine Herausforderung werden in der kommenden Woche!

In Samarkand finden wir schnell das empfohlene Hostel Barodir, das nur 300 Meter vom weltberühmten Registon (UNESCO Weltkulturerbe) entfernt liegt. Ein wunderschönes Hostel!

Hostel Barodir in Samarkand

Von Samarkand und den folgenden Stationen in Usbekistan (Buchara und Quiva) werde ich im kommenden Beitrag berichten. Ab jetzt wird es allerdings mit dem Internet arg mau, daher kann es etwas dauern und auch die Zahl der Photos wird sich – wie schon in diesem Bericht – in Grenzen halten, da das Hochladen sehr lange dauert – oder gar nicht erst funktioniert.

Ein Gedanke zu “31 Pamir Highway – westlicher Teil – und Dushanbe

  1. tatjanaphysiogmxde schreibt:

    Hallo Wolfram , danke für die drei letzte Berichte , die ich gestern gelesen habe , als ob ich auch dabei war … so ein Gefühl …die Bilder sind wieder einmalig , schadewegen der Verbindung die wohl dann schlecht sein soll . Das ist ja sehr , sehr schrecklich mit den sieben Fahrradtouristen …. das finde ich ja auch sehr gut , dass Tadjikistan ein Denkmal organisiert haben . So hatten wir die Tepiche in Sibirien auch gereinigt , hier mache ich das auch noch auf diese Art ! Das hat mich sehr gefreut , dass du den Reifenwechsel noch mit deinem Kumpel Steve noch geschafft hast ! Na gut , Wolfram , ich wünsch dir wieder viel Glück ,natürlich много радости в пути , прекрасных и добрых людей тебе на твоём пути ! С уважением Таня 😊

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