41 Die Reise kommt zum Schluss – Albanien und Dalmatien

Es ist schon ein seltsames Gefühl nach sechs Monaten – stets unterwegs auf sehr fremdem und andersartigem Gebiet – nun wieder auf teilweise bekannten Wegen in die Nähe der Heimat zu kommen!

Um die Heimfahrt etwas zu entschleunigen, lege ich derzeit eine zwei- bis dreitägige Pause in Brela an der Dalmatinischen Küste ein. Damit überbrücke ich gleichzeitig den ersten Regentag auf der Reise seit der Mongolei – wenn man mal von den kleinen Schauern am letzten Tag im Iran absieht.

Doch wie lief’s seit Istanbul bis hierher? Mein schönes Hotel in Gebze am Marmara-Meer verlasse ich am Mittwochmorgen, um mich durch das befürchtete morgendliche Istanbuler Verkehrschaos zu wühlen. Davon kann überraschenderweise gar nicht die Rede sein – der Verkehr rollt ganz smooth auf der Peripherie um diese 15-Millionen-Metropole herum. Nur vor der riesigen Bosporus-Brücke knubbelt es sich kurz.

Auffahrt zur Bosporus-Brücke

Der Blick von der Brücke ist wirklich spektakulär, und ich bedaure sehr, hier nicht auf ein Photo anhalten zu können. Gigantische Ozeanriesen fahren tief unter mir zwischen Schwarzem und Marmara-Meer auf der eurasischen Trennlinie. Die Skyline von Istanbul liegt stets zu meiner Linken.

Skyline von Istanbul

Heute fahre ich nur noch bis Kesan, der letzten türkischen Stadt vor der griechischen Grenze. Dort finde ich Unterkunft in einem heruntergewirtschafteten alten Kasten von Hotel, doch man ist hier sehr freundlich, und das Zimmer geht auch in Ordnung. Zumindest wohne ich mitten im Zentrum und stürze mich auch gleich in das wuselige Treiben dieser Stadt.

Am kommenden Morgen breche ich bei nur fünf Grad früh zur Grenze auf und bin erstaunt über die enorme Militärpräsenz auf beiden Seiten. Erdogan’s Gebietsansprüche sorgen offensichtlich für Bewegung! Die Grenzabfertigung funktioniert problemlos, und zum ersten Mal seit fast einem halben Jahr bin ich wieder auf Europäischem Boden!

Der Himmel ist strahlend blau, doch die Temperaturen mühen sich nur langsam auf ein Niveau von gerade mal 17 Grad am Nachmittag. Der Herbst zeigt sich von seiner schönsten Seite. Durch Kalkstein-Gebirge fahre ich an unzähligen Baumwollfeldern entlang und genieße den Indian Summer. Auf leerer Autobahn mache ich dabei richtig Strecke. Selbst um Thessaloniki herum bleiben die Straßen erstaunlich frei. So erreiche ich wider Erwarten und Planung noch am gleichen Tag die Grenze zu Albanien.

Auch hier ist die Grenze schnell passiert. Ich bin erstaunt über die gute Straße und die modernen, adretten Orte entlang der Strecke. Ich kenne das Land an der Adriaküste gänzlich anders – fast noch unterentwickelt! Ich fahre von der Grenze nur noch gut 30 Kilometer bis Korçë, der ersten größeren Stadt. Die Landschaft ist wunderschön inmitten sanfter Berghänge und gelb verfärbten Bäumen, die ich für Ulmen halte.

So empfängt mich Albanien

In Korçë habe ich wieder mal Glück bei der Suche nach einer Schlafstätte. Im Gasthaus Leon gibt’s ein schnuckeliges Zimmer, eine Unterbringung für’s Moped und am Morgen das beste Frühstück auf der gesamten Reise!

Tolle Übernachtung im Gasthaus Leon

Nach diesem fürstlichen Frühstück setze ich die Fahrt in Richtung Tirana fort. Die Strecke bleibt schön und abwechslungsreich. Besonders schön ist der Ohridsee, den sich Albanien mit Mazedonien teilt.

Ohridsee

Ohridsee

Aber auch unschöne Industrieruinen werden noch mit Farbe aufgehübscht.

Industrieruinen mit Käfern bemalt

Die Grenze nach Montenegro ist rappelvoll, doch als Motorradfahrer werde ich gleich vorgelassen, was mir sicher eine Stunde Wartezeit erspart. Die Fahrt durch dieses Mini-Land ist kurz, aber traumhaft schön.

Montenegro‘s Natur

Nicht einmal zwei Stunden halte ich mich in Montenegro auf, da stehe ich schon vor der Grenze zu Bosnien-Herzegowina. Hier war ich schon mal vor eineinhalb Jahren, wie ich mich erinnere. Die Sonne geht bald unter und ich brauche eine Unterkunft, doch es kommen keine größeren Ortschaften. Erst als es schon richtig dunkel ist, taucht das Ortsschild von Stolac auf. Aber auch hier keine Spur von Gasthäusern oder gar Hotels.

So frage ich einen Herrn auf der Straße, doch der versteht nicht einmal das Wort „Hotel“. Erst die gefalteten Hände am schräg gehaltenen Kopf geben ihm zu verstehen, wonach ich suche. Der Blick hellt sich auf, und er bringt mich zu einer Imbissbude. Dort instruiert er kurz den Wirt, der sich dann in bestem Englisch an mich wendet und mir ein Appartement für die Nacht anbietet – ein ganz ordentliches sogar, in dem ich eine gute Nacht verbringe!

Am Samstagmorgen verlasse ich Stolac ohne Frühstück und lasse mich vom Navi zur kroatischen Küste führen. Nach gut 50 Kilometern stehe ich vor einem sehr provisorische Grenzübergang auf einer winzigen Nebenstraße. Es überrascht kaum, dass der Grenzposten nicht besetzt ist. Die Schranke ist zwar geschlossen, doch daneben ist soviel Platz, dass das Moped mit Seitentaschen spielend durch passt. Ich prüfe noch kurz, ob ich auch keinen Stempel von Bosnien-Herzegowina im Pass habe und passiere – als ich feststelle, dass dies nicht der Fall ist – kurzerhand die Grenze. Die Freude über diesen „Coup“ währt nur kurz, denn just 30 Meter hinter dem Schlagbaum steht hinter einem Baum versteckt die kroatische Polizei und verlangt 300 €urinchen für den unerlaubten Grenzübertritt. Zumindest sind sie hier nicht korrupt. Eine Vor-Ort-Bezahlung lehnen sie ab, bieten aber an, mich zur nächsten Post zu begleiten, wo ich bei Einzahlung am gleichen Tag „nur“ 200€ berappen müsse. So geschieht’s dann, und ich bin wieder um eine Erfahrung reicher.

Eine Stunde später erreiche ich über eine wunderschöne Bergstraße die dalmatinische Küste.

Blick auf die dalmatinische Küste

Hier habe ich im Internet das Örtchen Brela als das schönste an der ganzen Küste ausgemacht. Dort angekommen, ist es gar nicht so einfach, ein Zimmer zu finden, denn die Saison ist bereits beendet und fast alles geschlossen. Am Ende finde ich aber ein super schönes Appartement direkt am kleinen Yachthafen mit toller Terrasse zum Meer. Das Wetter ist noch ganz schön, aber es ziehen dicke Wolken auf, und die Wetter-App verheißt – insbesondere für morgen – nichts Gutes. So Plane ich zwei bis drei Tage Pause und genieße das Meer, das durch starken Wind enorme Wellen an Land spült. Es ist wunderschön!

Sturmwolken am Meer bei Brela

Leuchtende Pinien am Strand

Der namensgebende Felsen von Brela

Brandung vor Brela

3 Gedanken zu “41 Die Reise kommt zum Schluss – Albanien und Dalmatien

  1. Christian Stofft schreibt:

    Willkommen zurück in Europa, lieber Wolfram.

    Wir sind Alle gespannt die niedergeschriebenen Eindrücke live von Dir zu hören.
    Für die letzten ‚paar‘ Kimometer wünsche ich Dir weiterhin eine sichere Fahrt.

    Bis bald, viele Grüße

    Christian

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  2. tatjanaphysiogmxde schreibt:

    Hallo Wolfram, deine Rückreise ist sehr sehr schön ! Wunderschöne Bilder . Ich glaube es nicht … deine Reise ist fast zu Ende … Deinen Traum hast du erfolgreich in Erfüllung gehen lassen!!! Super 👍. Du hast sooo viel gesehen ! Auch tolle Menschen kennen gelernt! Es ist ja aber auch sehr schön , dass du bald zuhause bist ! Liebe Grüße Tatjana .

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  3. gurne95 schreibt:

    Hallo Wolfgang!
    Mit viel Bewunderung habe ich deine tollen Reisekommentare stets gelesen, allerdings meist zeitlich verzögert… Beeindruckend, was du so alles erlebt hast. Ich bin sehr gespannt auf deine Reiseberichte vor Ort! Insbesondere freue ich mich darüber, dass du diese Riesenstrecken gesund überstanden hast! Ich freue mich auf das Wiedersehen Zuhause,
    Gute Fahrt auf den letzten Kilometern,
    Liebe Grüße, Andreas

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